Ausgangssituation
Wie im übrigen Handwerk, so können auch im Glaserhandwerk digitale Werkzeuge sehr effektiv dazu beitragen, Arbeitsprozesse zu optimieren, Zeit und Kosten zu sparen und innovative neue Geschäftsmodelle hervorzubringen. Dazu steht eine Vielzahl digitaler Lösungen zur Verfügung, die von der digitalen Angebotsabgabe über digitale Bauakten und Baustellenlogistik, Programmen, Computer-Aided-Design (CAD) und Visualisierung, Cloud-Sharing-Diensten, für verschiedene Gewerke optimiertes digitales Enterprise-Ressource-Planning (ERP) bis hin zur vollständigen digitalen Abwicklung von Bauprojekten mittels der Methode des Building Information Modeling (BIM).
Herausforderung
Den Betrieb digitalisieren – Aber wie?
Wie können Sie die Digitalisierung im eigenen Betrieb angehen? Welche Schritte sollten Sie dabei beachten? Welche Tools sind hilfreich? Und wie können Sie die für Ihren Betrieb passenden digitalen Lösungen finden?
Diese und andere Fragen schwirren vielen Handwerksbetrieben im Kopf. Darauf Antworten zu geben ist nicht ganz einfach, da es immer auch auf die individuelle Situation des Betriebes ankommt. Aus diesem Grund wurde im Rahmen des Projektes ein virtueller Leitbetrieb für das Glaserhandwerk entwickelt.
Den Handwerksbetrieben fehlt die Zeit, sich in die notwendige Materie einzuarbeiten. Darüber hinaus liegt die Herausforderung in der Masse und Vielfalt der Lösungen und den Herstellern, die immer die „eierlegende Wollmilchsau“ versprechen.
Und so erhielten wir immer wieder Fragen wie:
- Wir würden gern einen Überblick über den Bestand unseres Lagers haben. Wie ist dies möglich?
- Ich würde gern auf das papierlose Büro umsteigen. Welches Tool kann ich nutzen?
- Wie kann ich die Zeiterfassung einfach umsetzen?
Unsere Antwort war leider immer dieselbe:
„Das können wir so einfach nicht sagen. Dazu müssen wir die Abläufe betrachten.“
Aber wir wollten helfen und so haben uns die vielen Bitten der Betriebe, ihnen ein digitales Werkzeug zu benennen, mit dem sie ihre Aufgaben erledigen können, auf die Idee – eines virtuellen Leitbetriebes – gebracht.
Lösung
Mit Hilfe von vier Praxisbetrieben aus dem Gewerk Glaser wurde ein „Standardbetrieb“ mit all seinen Abläufen herausgearbeitet werden. Auf dieser Basis entstand ein „virtueller digitaler Leitbetrieb“.
Was ist ein Leitbetrieb?
Gemäß Duden handelt es sich bei einem Leitbetrieb um „einen Betrieb, der innerhalb eines Produktionsbereichs die besten Voraussetzungen hat“. Es handelt sich demnach um einen virtuellen Betrieb, der als „Musterbetrieb“ fungieren kann und an dem sich andere Betriebe orientieren können.
Mit dem Ziel, diese komplexen Inhalte interaktiv und leicht verständlich zu vermitteln, haben wir daraus einen Digitalisierungspfad entwickelt.
Schritt für Schritt begleitet der Digitalisierungspfad die Betriebe auf dem Weg zum digitalisierten Betrieb.
Der Pfad ist speziell für kleine und mittelständische Unternehmen entwickelt worden. Dabei handelt es sich nicht um eine Lerneinheit, die in zwei Stunden durchgearbeitet werden kann. Vielmehr begleitet der Digitalisierungspfad die Unternehmen auf dem Weg der Digitalisierung und gibt Hinweise und Tipps, wie die Herausforderungen gemeistert werden können. Es werden sogar Lösungen, die für den jeweiligen Leitbetrieb passen, vorgestellt. Dabei handelt es sich um Software-Verbunde, die über Schnittstellen die Datendurchgängigkeit sicherstellen.
Zunächst wurde der Leitbetrieb fürs Glaser- und Dachdeckerhandwerk entwickelt. Aber auch wenn Sie kein Glaser oder Dachdecker sind, kann der Digitalisierungspfad interessant für Sie sein. Denn auch, wenn es einige wenige gewerkespezifische Unterschiede gibt, so ist der Ansatz und die Vorgehensweise unabhängig von Ihrem Gewerk, d.h. die Schritte sind die Gleichen nur die Beispiele und Lösungen eben Andere – und nur diese beziehen sich auf das jeweilige Gewerk.
Was Sie genau auf dem Digitalisierungspfad erleben zeigt Ihnen die Video-Präsentation (unten). Den Pfad erreichen Sie über diesen Link: www.handwerkdigital.de/virtueller-leitbetrieb-glaser
Umsetzung
Im ersten Schritt wurde ein Leitfaden zur Prozessaufnahme entwickelt, der mit den Praxisbetrieben abgestimmt wurde.
Dann folgten die Prozessaufnahmen in den vier Praxisbetrieben. Dafür waren zwei Mitarbeiter aus dem Team des Schaufensters jeweils eine Woche in jedem der vier Betriebe – zusammen mit den Praxispartnern – aktiv. Am Abend haben die Köpfe geraucht. Denn es galt, alle einzelnen Aufgaben und Schritte von der Akquise des Kunden über die Ausführung, Endabrechnung bis ggf. zur weiteren Serviceleistung detailliert aufzunehmen.
Diese Bögen galt es nun auszuwerten. Dazu wurde für jeden Betrieb eine Dokumentation in Form einer Modellierung mit Hilfe BPMN aufgesetzt. BPMN (kurz für „Business Process Modelling Notation“ = Geschäftsprozessmodell und -notation) ist eine grafische Darstellung der einzelnen Schritte eines geplanten Geschäftsprozesses. Die Notation kann insbesondere die Abfolge von Prozessen (den sogenannten Workflow) und den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Prozessen darstellen. Am Ende gab es je eine Darstellung für die vier Praxisbetriebe.
Aufbauend auf den IST- Prozessen wurden die Soll-Prozesse eines digital arbeitenden Betriebes entwickelt und die dazu notwendigen Lösungen ausgewählt.
Die Partner der Lösungen kamen an einen Tisch. An diesem wurde die Umsetzung der Datendurchgängigkeit besprochen und Schnittstellen von den Partnern entwickelt. Auf dem Digitalisierungspfad werden somit drei Lösungen vorgestellt.